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Stefan Greunz
BUSINESS DEVELOPMENT NINJA

Fintech-Trends, Growth Hacking, DSGVO & Digitales Marketing

Teil 2 des Börse Social Interviews

Weiter gehts mit unserem Interview im Rahmen des Börse Social Magazins – der erste Teil kann hier noch einem nachgelesen werden: Teil 1 des Börse Social Interviews

Christian Drastil:

  • Wo seht ihr die großen Fintech-Trends in 2018, vor allem in Österreich?

Stefan Greunz:

Neben Blockchain, Cryptocurrencies und Tokens, wird zunehmend auch ganz klar die Fokussierung der Fintechs auf B2B eine Rolle spielen. Der große Hype der B2C-Fintechs, also derer die ganz klar auf den Privat-Nutzer zielen, ist sicherlich abgeflaut. Vor allem die „Customer Acquisition Costs“, die CACs, sind hier in unfassbare Höhen geschnellt. In den USA werden heute schon für einen Robo-Advisor Neukunden zwischen 800-1.000 USD veranschlagt. Da stellt sich dann auch irgendwann die Frage, ob das Geschäftsmodell in dieser Form funktioniert. Daher brauchen auch zB die Challenger Banken und Robo-Advisor entsprechend viel Kapital, was auch die vorher erwähnten VC-Investitionen aus dem letzten Jahr bestätigen.

Stefan Kainz:

Auch aus meiner Sicht wird das Thema Blockchain relevant bleiben und man wird in 2018 auch weitere Anwendungsfälle in Bereichen wie Digitale Identitäten, im Logistikbereich oder im Energiebereich sehen. Für das Thema ICO wird, wie bereits erwähnt, CONDA in Österreich eine spannende Plattform bieten können. Beim Thema Lending wird sich der Markt sehr differenziert entwickeln: Im B2B stark, in B2C leicht, P2P gar nicht mehr; Finnest kann hier der dominante Player für etablierte Mittelständler werden, CONDA oder auch primeCROWD für jüngere Firmen und Startups. cashpresso kann das Thema Online-Konsumfinanzierung weiter für sich ausbauen. Beim Thema Investing werden aus meiner Sicht die beiden Fintech-Spitzenreiter in Österreich weiter zulegen: wikifolio im Bereich Social Trading und aktiver Strategien, Finabro durch Partnerschaften im Bereich Robo-Advisor. Im InsureTech gibt’s noch sehr viel Luft nach oben – da ist aktuell Österreich noch immer in einem Dornröschenschlaf.

Florian Wurz:

Außerhalb der Fintech–Szene werden auch weiterhin Artificial intelligence und Chat-Bots eine wichtige Rolle spielen. Laut einer Umfrage glauben 70% der Unternehmen, dass AI einen positiven Impact auf deren Business haben wird. Ein Bereich, in dem die unmittelbare Auswirkung von AI erkannt wird, ist der Kundenservice.

 

  • AI bringt mich auf ein weiteres Thema von euch – man liest auch bei euch auf der Website immer wieder mal das Wort „Growth Hacking“. Was ist das?

Florian Wurz:

Endlich kommt die Frage (lacht). Growth Hacking als Begriff ist in der Startup-Szene entstanden. Es steht für alle Maßnahmen, die dazu beitragen, schnell und kosteneffizient neue Kunden zu gewinnen und damit rasches Wachstum zu generieren. In der Praxis ist Growth Hacking eine Schnittmenge aus Marketing, Produkt, Technologie, Business Development, Customer Service und Sales. Das erfordert das Zusammenspiel von Kreativität, analytischem Denken, Programmierkenntnissen, Verstehen von Metriken und Produktmanagement – stets mit einem Ziel: Wachstum, also „Growth“ zu erzielen.

 

  • Klingt nach eierlegender Wollmilchsau…

Florian Wurz:

So würde ich es nicht sagen. Growth Hacking steht für eine neue Philosophie der Zusammenarbeit innerhalb eines Unternehmens, weg vom Abteilungsdenken, um Wachstumsmöglichkeiten gemeinsam zu erkennen. Hier tun sich natürlich große Corporates deutlich schwerer, als ein kleines Startup wo zwangsläufig eine Person mehrere Rollen übernehmen kann und soll. Als Growth Hacker braucht man vor allem ein gutes Gespür für viele Bereiche – Freude an Kommunikation und daran, immer wieder etwas Neues auszuprobieren.

 

  • Welche Rolle spielt Online-Marketing für B2B Unternehmen?

Florian Wurz:

Aus meiner Sicht eine oft sehr unterschätzte Rolle! Viele Unternehmen sind überzeugt, dass sich ihr Produkt nicht Online vertreiben lässt – ohne es überhaupt zu versuchen. Die Fragestellungen die sich jedes Unternehmen stellen muss: Welche Online-Kanäle passen zu mir und wo finde ich meine potentiellen Kunden? Wir haben bei einem unserer Kunden im B2B Bereich, Zielgruppe KMUs, erkannt, dass sich Online-Marketing und automatisierte Online-Akquise sogar sehr gut kombinieren lassen. So haben wir mit ersten kleinen Schritten die Sales Akquise über LinkedIn automatisiert und hier erstaunlich hohe Conversion-Rates erzielt – und schon hatte der Kunde einen neuen Kanal für seine Lead-Generierung.

 

  • Was dürfen Unternehmen aufgrund DSGVO überhaupt noch?

Florian Wurz:

Gute Frage! Jedes dritte Unternehmen hat sich nach Umfragen noch nicht oder noch sehr oberflächlich mit der Datenschutzgrundverordnung beschäftigt. Bis spätestens 25. Mai 2018 müssen – nach einer zweijährigen Übergangsfrist – diese final umgesetzt sein. Das Wichtigste ist im Unternehmen einen Datenschutzbeauftragten zu bestimmen, der alle weiteren Prozesse und mögliche Themen konsolidiert und bündelt. Dann muss ein „Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten“ angelegt, ein Prozesshandbuch geschrieben und eine „Datenschutz-Folgeabschätzung“ durchgeführt werden. Am besten natürlich gut und verständlich dokumentiert!

Johannes Eichmeyer:

Ich empfehle allen, dies zügig zu starten. Denn personenbezogene Daten sind für Unternehmen ein wichtiges Asset – wer sie im Sinne des Gesetzes verantwortungsvoll verwendet, wird auch weiterhin Nutzen daraus ziehen können. Das haben vor allem die großen Banken verstanden.

 

  • Sind Finanz-Unternehmen & Fintechs heute schon im Digitalen Marketing angekommen?

Florian Wurz:

Ganz klar: Jein! Manche machen sicher noch den Fehler zu glauben, dass digitales Marketing wenig bringt, da sie möglicherweise erste Tests gemacht haben, wo der große messbare Nutzen noch ausblieb. Digitales Marketing ist aber so viel mehr als nur Banner auf einer Website zu schalten – es geht vor allem um die Klassifizierung und dem Verstehen von User-Gruppen und deren Verhalten. Diese müssen dann möglichst individuell und automatisiert angesprochen werden – ob via E-Mail Marketing, Social Media, Push Notifications oder eingeschriebenem Brief.

Johannes Eichmeyer:

Vor allem bei der Implementierung von übergreifenden und integrierten CRM-Systemen („Customer Relationship Management“) tun sich die großen Player und Banken sehr schwer, da über die Jahre natürlich ein wilder Mix aus unterschiedlichen Systemen entstanden ist. Das heißt, dass eine Bank zuerst einmal in die Lage gebracht werden muss, dass sie diese User-Daten überhaupt sinnvoll verwerten kann, bevor sie hier über personalisiertes Marketing nachdenken kann. Hier wird in den nächsten Jahren sehr viel Geld und Zeit in die Konsolidierung der Systeme fließen.

 

  • Seht ihr das bei Fintechs auch so?

Stefan Greunz:

Fintechs sind hier meistens einen Schritt voraus, da sie Systeme neu aufbauen können. Das Bottleneck liegt im Anfangsstadium oftmals im Marketing und Vertrieb: Man hat ein gutes und innovatives Produkt, aber noch nicht überlegt, über welchen (digitalen) Kanal man es am besten vermarkten und verkaufen kann.

Florian Wurz:

…oder sie haben einen digitalen Kanal und noch kein fertiges Produkt (lacht). Es funktioniert in beide Richtungen.

 

Wie kann man den Erfolg von Kampagnen, bzw. Marketing Aktivitäten am besten messen?

Florian Wurz:

Darauf gibt es keine pauschale Antwort. Entscheidend ist es, sich entlang der Customer Journey zu hanteln, von der Akquise über Action (z.B. Registrierung), Retention, Referral bis hin zu Revenue (z.B. via Kaufabschluss). Je nachdem worauf die Kampagne abzielt, gilt es hier die richtigen Kennzahlen (KPIs – Key Performance Indicators) zu definieren, um am Ende auch den Erfolg quantifizieren zu können. Und als Performance Ninja muss ich natürlich dazu sagen:  Testen, testen, testen und immer wieder optimieren – ganz nach Edwards W. Deming: „In God we trust, all others must bring data.“

 

  • Finanzmarkt und Marketing. Passt das überhaupt zusammen?

Stefan Kainz:

Und wie! Finnest ist ein gutes Beispiel, wie man eine Finanzdienstleistung mit gutem Marketing bzw. einer guten Kampagne attraktiv machen kann. Einer der letzten Deals von Finnest war zum Beispiel ein Mittelstands-Crowdinvesting mit der Falkensteiner Hotelgruppe. 

Anleger investierten insgesamt 5 Mio. EUR in die Premium-Hotelkette und zwei Drittel der Investoren entschieden sich dabei für Übernachtungs-Gutscheine, anstelle von jährlichen Zinszahlungen. Mit dieser Form des Marketings schafft man es, die Kunden an dem geschäftlichen Erfolg zu beteiligen – und gleichzeitig an das Unternehmen zu binden. Eine gelungene Kombination aus Produkt und Marketing-Story, wie ich finde.

Stefan Greunz:

Man muss sich immer sehr gut überlegen, wie das eigene Produkt und die entsprechende Zielgruppe ticken. Die große Herausforderung, aber gleichzeitig auch Chance ist, wie vorhin Florian beim Thema Growth Hacking auch gesagt hat, dass man abteilungsübergreifend denkt. Sich also Gedanken zu Content und Außenwirkung macht. Der Vertriebsmitarbeiter wird sehr genau seine Kunden kennen, aber nur die wenigsten Marketing-Abteilungen fragen hier nach. Stattdessen werden teure Agenturen ins Haus geholt. Marketing ist am Ende die Summe aller Kontakte außerhalb meiner Firma.

 

 

Hier zum gesamten Interview!

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